Fonds ‚samenfest‘
Der Fonds „samenfest“ setzt sich für die Anliegen der Konsument:innen in Bezug auf Saatgut ein. Sein Ziel ist es, die Nachfrage, den Anbau und den Verkauf von samenfesten (vermehrbaren) biologisch-dynamisch entwickelten Sorten zu fördern.
Unter der Leitung von Martina Geith soll diese Arbeit dazu beitragen, dass in Zukunft vermehrt hochwertige Nahrungsmittel aus samenfestem Gemüse verfügbar sind.
Der Fonds finanziert Kurse, in denen Teilnehmende die Qualitäten und Wirkungen verschiedener Nahrungsmittel kennenlernen, einschliesslich Gemüse, Obst, Getreidesorten und unterschiedlichen Zuchtmethoden. Dies geschieht durch die Anwendung der Wirksensorik, einer wissenschaftlichen Methode zur Beschreibung und Dokumentation der Wirkungen von Lebensmitteln auf das körperliche und emotionale Befinden. Dadurch wird das Bewusstsein für die Bedeutung samenfester Kulturpflanzen für die Ernährung geschärft und die Nachfrage gesteigert.
Der Konsumentenverein Basel und Umgebung sammelt über diesen Fonds Spenden, um Aktivitäten, Recherchen, Seminare und Schulungen aller Art rund um das Thema samenfestes Saatgut zu ermöglichen.
Hintergrund
In den letzten 30 Jahren hat die biologisch-dynamische Kulturpflanzenentwicklung erstklassige Arbeit geleistet und schmackhafte, gut verträgliche Gemüsesorten gezüchtet, die auch für den professionellen Anbau geeignet sind. Diese stehen jedoch im Wettbewerb mit Sorten, die für den industriellen Anbau gezüchtet werden. Hierbei liegen die Zuchtziele auf grösstmöglicher optischer Gleichförmigkeit und maximalen Erträgen.
Trotzdem werden im Bio- und Demeter-Anbau in hohem Masse konventionelle Sorten, meist F1-Hybriden, eingesetzt. Wirtschaftliche Gründe führen dazu, dass Anbauer trotz ihrer Überzeugung häufig auf diese Sorten zurückgreifen, da sie durch den Heterosiseffekt (= starke Wüchsigkeit nach der Kreuzung von Inzuchtlinien) höhere Erträge erzielen. Bei der Züchtung von F1-Hybriden werden artfremde und sogar gentechniknahe Methoden angewendet.
Im Naturkosthandel können mit samenfesten Produkten oft nicht die Preise erzielt werden, die den geringeren Ertrag ausgleichen würden. Es ist zu beachten, dass höhere Erträge auf dem aktuellen Marktgeschehen tendenziell zu weiteren Preissenkungen für die Erzeuger führen. Ohne ein Bewusstsein, insbesondere beim Grosshandel und bei den Konsument:innen, für diese Problematik wird sich samenfestes Saatgut aus biologisch-dynamischer Züchtung trotz seines hohen Ernährungswerts nur schwer durchsetzen können.
Projektberichte
2023. Der Fonds <samenfest> des Konsumentenvereins Basel und Umgebung ermöglicht durch die Vermittlung von Saatgut von Christina Henatsch (DE) an Julian Aebi (CH) den Anbau besonderer Gemüsesorten und fördert somit die Erfahrung von wirklich nahrhaftem Gemüse. In der Gärtnerei am Goetheanum wird ausschließlich samenfestes Gemüse angebaut und entsprechend gekennzeichnet, um Verbraucher über die Situation aufzuklären. Veranstaltungen in Arlesheim und Passau beleuchten die ethische Dimension der Pflanzenzüchtung und den Umgang mit Kulturpflanzen. Zudem beteiligt sich der Fonds an der Diskussion zur Reduzierung von konventionellem Saatgut im demeter-Anbau und sucht nach Wegen, die Abhängigkeit von großen Saatgutfirmen zu verringern. Diesen und weiteren Fragen geht Martina Geith in ihrem Tätigkeitsbericht 2023 nach.
2022. Trotz eingeschränkter Aktivität des Fonds <samenfest> 2022 aufgrund anderer beruflicher Verpflichtungen, konnte die Zusammenarbeit mit dem „Freien Hoftreff Nordwest“ und dem „Anthroposophischen Ernährerkreis Dornach“ fortgeführt werden, inklusive der gemeinsamen Herstellung biodynamischer Präparate. Zudem wurden Kontakte zwischen Grossküchen und einer Initiative für samenfestes Trockengemüse vermittelt. Die Anzucht von Gemüsejungpflanzen und der Austausch über die Qualität von samenfesten Sorten, insbesondere den von Christina Henatsch gezüchteten Rüeblisorten, blieb ein zentrales Thema. Die Fachkonferenz „Biodynamische Landwirtschaft und Hybridsorten“ wurde vorbereitet, um die Herausforderungen und Perspektiven der Pflanzenzüchtung weiter zu diskutieren. Ein Projekt für 2023/2024 sieht die Erstellung einer Grundlagenbroschüre vor, um das spezifische Thema der Pflanzenzüchtung im Kontext der Mensch-Pflanze-Beziehung zu beleuchten. Ganzen Bericht lesen.
2020-2021. Die meisten überzeugten Demeter-Konsument:innen sind sich nicht bewusst, dass im Demeter Erwerbsgemüseanbau geschätzte 70-90% konventionell gezüchtetes Saatgut verwendet wird. Die daraus gewachsenen und geernteten Früchte kaufen wir in den Läden und auch an vielen Marktständen als Frischware und als verarbeitete Produkte. Welche Folgen hat die Verwendung von Saatgut, das aus der einmaligen Kreuzung von durch Manipulationen erzeugte Inzuchtlinien stammt? Und wie ist die dadurch ausgelöste, in der Biologie als Heterosiseffekt bezeichnete, Uniformität und vegetative Wüchsigkeit zu bewerten? Welche Wirkung hat dieser Züchtungsgang auf die Nahrungsqualität und auf das menschliche Gesamtbefinden? Diesen und weiteren Fragen geht Martina Geith in ihrem Projektbericht vom Januar 2022 nach.
Martina Geith
Gärtnerin, Eurythmistin, Wirksensorik-Trainerin und Initiantin des Fonds <samenfest> des Konsumentenvereins Basel und Umgebung
Während meiner Berufsjahre in der biologisch-dynamischen Gemüsezüchtung beschäftigte mich die Frage wie unsere Lebensmittel beschaffen sein sollten, um unserer individuellen Entwicklung zu dienen. Heute bin ich als Konsumentenvertreterin tätig und biete Händlern und Kunden, Köchen und Verarbeitern, Bauern und Gärtnern mit der Wirksensorik ein Instrument an, welches das qualitative Erleben von Lebensmitteln verbessern kann.
Zudem ist es mir ein Anliegen ein Bewusstsein für das Wesen der Pflanzen, für die Beziehung Mensch – Pflanze und für unsere gemeinsame Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu wecken.
Kontakt zu Martina Geith:
Grenzweg 5, 4144 Arlesheim, +41 61 271 68 59, martina.geith@bluewin.ch
Ilmar Randuja
Ilmar Randuja, geboren 1926, hat als Pionier der biologisch-dynamische Gemüsezüchtung über viele Jahrzehnte die Zusammengehörigkeit von Erde, Pflanzen und Züchter vorgelebt. Eine der menschlichen Entwicklung förderliche Nahrungsqualität war das Zentrum seiner züchterischen Tätigkeit. Die Gründung und Tätigkeiten des Projektfonds begleitet er mit freundschaftlichen Interesse.
Im folgenden Text beschreibt Ilmar Randuja schon 1979 die Notwendigkeit einer Pflanzenzüchtung und eines Pflanzenbaues auf geistiger Grundlage. Damit legte er offenbar geistige Samen für einige der heutigen biologisch-dynamischen züchterischen Pflanzenverwandler. Er setzt diese Bemühung in ein Verhältnis zu den gesellschaftlichen Entwicklungen. Da stossen wir auf eine brennende heutige Fragestellung: Kann die materialistische Einseitigkeit der heutigen Weltsicht überwunden und verwandelt werden?