Lesen Sie in dieser Ausgabe von Menschen und Projekten, die an den Krisen, mit denen wir aktuell leben, nicht verzweifeln, sondern an einer lebenswerte Zukunft bauen.

Themen in dieser Ausgabe sind unter anderem:

  • Wie Landwirtschaft, Wirtschaft und gesellschaftliches Leben zusammenhängen
  • Über Freiheit und Würde – Was wir mit „Freiräumen“ im Bodenfruchtbarkeitsfonds meinen
  • Hofportrait: Solawi Ravensburg, Partnerbetrieb des Bodenfruchtbarkeitsfonds
  • Replik auf die Behauptung des Syngenta-Chef Erik Fyrwald: «Menschen in Afrika wird Nahrung weggenommen, weil wir Bioprodukte wollen …». Wir begründen, warum BIO die Welt ernähren kann.
  • Richtig rechnen in der Landwirtschaft

Vorwort

In diesen kalten Wintertagen kann man das Gefühl haben, dass nicht nur die Natur von Kälte durchzogen wird, sondern vielerorts auch das gesellschaftliche und soziale Leben. Die vielfältigen Krisen, mit denen wir leben, die ja schlussendlich EINE grosse Krise ist, haben bestimmt auch damit zu tun, dass wir zu wenig Herzenswärme und auch zu wenig gegenseitiges Verständnis aufbringen, wenn wir als Menschen miteinander oder mit der Natur und allem Lebendigen umgehen. Aus meiner Sicht ist die Krise in erster Linie eine Beziehungskrise. Zu uns selbst und unseren Tiefenschichten sowie zueinander und dem Leben insgesamt.
Die Krise zeigt uns deutlich, dass wir nicht mehr so weitermachen können, wie bisher. Aber wie dann? Wie soll die Zukunft aussehen? Was können und sollten wir anders machen? Und wie wollen wir in Zukunft miteinander und mit der Natur umgehen? Welche inneren Sinne und Qualitäten dürfen wir dazu entwickeln, um dem Leben auf diesem Planeten gerechter zu werden?

In der Bio-Stiftung Schweiz und im Bodenfruchtbarkeitsfonds sind uns Freiräume wichtig. Diese Freiräume haben natürlich mit Freiheit zu tun. In der vorliegenden Ausgabe beschreiben wir, was wir damit meinen, wie wir damit umgehen und warum wir glauben, dass ein freiheitlicher Umgang miteinander bei Transformations- und Entwicklungsprozessen zu den besten Resultaten führt.
Die Natur zeigt uns jedes Jahr im Herbst und Winter, wie mit alten Formen umgegangen werden sollte. Sie dürfen sterben und über geheimnisvolle Prozesse den jungen Pflanzen als potenzierte Substanz dienen, sodass diese im Frühling mit frischer Kraft wachsen können. Sie zeigt uns auch, dass manches Alte verschwinden muss, damit das neue Leben überhaupt entstehen und sich kraftvoll entfalten kann. Ich bin der Meinung, dass wir im Hinblick auf die Krise der Gegenwart viel von der Natur lernen können. Wir können uns zum Beispiel fragen, welche Formen im sozialen Leben wir sterben lassen müssen, welche Ideen und Vorstellungen alt und unbrauchbar geworden sind und kompostiert und nicht mumifiziert werden sollten, damit neue Ideen den Raum bekommen, den sie brauchen, um sich entfalten zu können? Schliesslich sind wir nicht mehr im alten Ägypten. Die Aufgabe des Todes und der Todesprozesse im gesamten Kreislauf des Lebens wollen wieder integriert und enttabuisiert werden. Das lässt sich aus meinem Blickwinkel deutlich ablesen. Es bringt nichts, wenn wir so tun, als ob es den Tod nicht gäbe und ständig Angst vor ihm haben. Er hat einen sinnvollen Zweck im ganzen lebendigen Zusammenhang, der auch wieder gewürdigt und erkannt werden will.

Wie in jeder Ausgabe unseres Magazins stellen wir wieder einen Partnerbetrieb des Bodenfruchtbarkeitsfonds vor. Diesmal ist es die Solawi Ravensburg. Dort wird Gemüse angebaut und an die Verbraucher verteilt. Das geschieht auf eine Weise, bei der sich «Bio jeder leisten kann», die Gärtnerinnen und Gärtner übertariflich bezahlt werden und gleichzeitig Bodenfruchtbarkeit aufgebaut werden kann. Das ist bemerkenswert und ein gutes Beispiel dafür, wie sich neue Ideen erfolgreich in der Welt behaupten können, wenn ein solidarischer Umgang miteinander gelingt.

Die Kälte im sozialen Leben rührt auch daher, dass wir uns bei der Gestaltung verschiedener Bereiche des sozialen Lebens die Maschine und ein industrielles Denken zum Vorbild genommen haben. Das betrifft zum Beispiel die Landwirtschaft, aber auch die Wirtschaft. Wenn wir uns diese stattdessen als Organismus denken, dann kommen wir ihrer Wirklichkeit näher. Dann können wir uns fragen, was an den Entwicklungen gesund ist und was krank. Dann können wir auch nach den Bedingungen fragen, welche die Wirtschaft und die Gesellschaft als Ganzes brauchen, um sich gesund entwickeln zu können.

«Menschen in Afrika wird Nahrung weggenommen, weil wir Bioprodukte wollen …», behautet der Syngenta-Chef Erik Fyrwald in einem Interview, das er der NZZ (leider hinter einer Paywall) im Mai diesen Jahres gegeben hat. Das können wir so nicht stehen lassen. Unsere Antwort darauf finden Sie ebenfalls in dieser Ausgabe.

Schon mehrfach haben wir darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern für das Gemeinwohl nicht richtig gerechnet wird. Mit den von Christian Hiss und seinem Team entwickelten Instrumenten ist es möglich, diese Leistungen differenziert zu erfassen und monetär zu bewerten. Ein Teil unserer Partnerbetriebe hat sich dem Projekt «Richtig Rechnen in der Landwirtschaft» innerhalb des Bodenfruchtbarkeitsfonds angeschlossen. Jetzt liegen die ersten Zahlen vor und wir präsentieren sie zum ersten Mal. An diesen Zahlen kann man erkennen, dass die Bäuerinnen und Bauern wesentlich mehr für das Gemeinwohl tun, als ihnen aus der Gesellschaft vergütet wird. Nun wollen wir mit dem Leistungsausgleichsfonds genügend Geld sammeln, um den Landwirtschaftsbetrieben einen ihren Leistungen entsprechenden Ausgleich zahlen zu können, und dabei untersuchen, welche Auswirkungen dies auf die Entwicklung der Betriebe hat. Das ist wirklich neu, und wir hoffen hierbei auf genügend finanzielle Unterstützung.

Auch die Bodenbotschafterausbildung und die Bodenentwicklungsgespräche sind neue Elemente, die wir in den Bodenfruchtbarkeitsfonds integriert haben. Wir berichten in dem vorliegenden Magazin von unseren ersten Eindrücken.

Mit Christine Gruwez verbindet mich eine langjährige Freundschaft. Ich schätze ihre Herzenswärme, ihre Milde und ihren klaren Blick für Wesentliches sowie die grösseren und tieferen Zusammenhänge. Zudem ist sie eine wahre Meisterin der Subtilität und versteht es, mit wunderbar poetischen und philosophischen Bildern die inneren und äusseren Welten miteinander zu verbinden. «Unterwegs zwischen Stadt und Land mit Christine Gruwez» ist der Titel, unter dem sie uns in den folgenden Ausgaben auf ihre Reisen mitnehmen wird, indem sie uns von ihren Eindrücken erzählt.

Natürlich darf auch die Kunst nicht fehlen in unserem Magazin. Diese kommt hauptsächlich von Charles Blockey, was die Malereien anbelangt. Und dann verstehen wir natürlich auch unsere Arbeit als Kunst, ganz im Sinne des erweiterten Kunstbegriffs von Joseph Beuys.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude beim Lesen unseres neuen Magazins und zugleich ein besinnliches Weihnachtsfest und einen inspirierten Start ins neue Jahr.

Mit herzlichen Grüssen,

Mathias Forster
Geschäftsführer & Stiftungsrat Bio-Stiftung Schweiz

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