Wie kann ich den Zustand von Boden möglichst einfach, kostengünstig und doch sicher beurteilen?

Der Aufbau von Bodenfruchtbarkeit ist ein komplexes Thema. Unterschiedliche Aspekte wollen verstanden und berücksichtigt werden, wenn nachhaltiger Bodenaufbau gelingen soll. Durch unsere Reihe „Bäuerliches Praxiswissen“ wollen wir kurze und knackige Orientierungshilfen für Praktiker zu Teilaspekten des Themas Bodenfruchtbarkeit bieten. Siehe auch «Lockerung der Unterkrume im Ackerbau».

Dr. Ulrich Hampl ist Bodenexperte im Bodenfruchtbarkeitsfonds und Bauernhofpädagoge.

In über 35jähriger praktischer Erfahrung hat sich die Erkenntnis bei mir gefestigt, dass es keine bessere Vor-Ort-Beurteilung des Zustandes der Bodenfruchtbarkeit gibt als die Spatenprobe.
In diesem Blogbeitrag beschreibe und erkläre ich die Spatendiagnose und wie ich sie heute als kompakte Feldmethode für die Dokumentation der Bodenentwicklung anwende. Ich begründe auch, warum ich sie anderen Methoden vorziehe.

Spatendiagnose: Umfassende Bodenzustandsbeurteilung vor Ort

Die am meisten verbreitete Form der Bodenuntersuchung ist die chemische Analyse der Bodennährstoffe. Sie gibt Auskunft über die löslichen mineralischen Bodenbestandteile, die als Hauptnährstoffe für die Pflanzen angesehen werden. Hinweise über die Bodenbelebung, die Bodenstruktur oder ihre Veränderung durch die Bodenbearbeitung kann die chemische Analyse jedoch kaum liefern.
Bodenphysikalische Untersuchungen sind meist aufwendig und teuer. Bodenmikrobiologische Untersuchungen zur Beschreibung der Bodenaktivität sind noch aufwendiger und äusserst schwierig zu interpretieren.

Die Spatendiagnose – das Ausheben eines Bodenziegels mit dem Spaten und dessen Bonitur – bietet sich als einfache Feldmethode an, um an Ort und Stelle sofort einen Gesamteindruck vom momentanen Zustand des Bodens zu bekommen: Durch die Zusammenschau von Pflanzenbestand, Durchwurzelung, Bodenstruktur, Durchfeuchtung, organischer Substanz usw. Formt sich ein Gesamtbild, das die Bodenfruchtbarkeit anschaulich beschreibt. Dem ein wenig geübten Betrachter zeigen sich die Voraussetzungen und Wirkungen von Pflanzenwachstum und Bodenleben im Anblick des Spatenprofils direkt. Die Anwendung der Spatendiagnose kann nicht nur dem Monitoring der Bodenentwicklung, sondern auch der Sensibilisierung der Bewirtschaftenden und als Grundlage für Entscheidungen bei Bodenpflege-Massnahmen dienen.

Ich habe die Bodenuntersuchung mit dem Spaten in ihrer Handhabung weiter vereinfacht und auf wesentliche Bonitur-Kriterien beschränkt, die das Ergebnis komplexer Lebensvorgänge im Boden charakterisieren.

Schematische Beurteilung des Bodengefüges
(Gefüge-Bonitür angelehnt an A.Beste, 2003)

Dafür wird die Ackerkrume in Ober- und Unterkrume unterteilt. Anhand einer für den jeweiligen Bereich differenzierten Gefüge-Beschreibung werden dann Bonitur- bzw. Prozentpunkte vergeben.

Dazu kommt die Ermittlung der Krümeltiefe (nach Hampl, 1995), bei der die Tiefe in Zentimetern ermittelt wird, bis zu der mindestens 50% Krümelgefüge vorliegt. Krümeltiefe meint die Tiefe in cm, bis zu der über 50% Krümelbefüge vorliegt.

Hier Beispiele für verschiedene Krümeltiefen-Bonituren in Ackerprofilen:

Beide Kriterien zusammen (Gefügebonitur und Krümeltiefe) geben den Zustand der Bodenbelebung, also der aktiven Bodenfruchtbarkeit in sehr komprimierter Form wieder: Sie spiegeln sehr genau den aktuellen, sichtbaren Ausdruck der Symbiose zwischen Pflanzen(wurzeln) und Bodenleben – denn je mehr und je tiefer Krümelgefüge im Boden vorhanden ist, desto sicherer werden alle Bodenfunktionen für optimales Pflanzenwachstum erfüllt.

Eine wichtige Ergänzung der Dokumentation ist je­weils ein oder mehrere Fotos des Spatenprofils. Hierfür wurde die Technik der klassischen Spatendia­gnose nach deren Erfinder Johannes Görbing verän­dert: Die ursprünglich übliche waagrechte Ablage des auf dem Flachspaten liegenden Bodenziegels auf den beiden Stützen ermöglicht zwar eine recht bequeme Beurteilung des Bodens, aber die dabei erstellten Fotos erzeugen oft «unnatürliche» Bilder – Lose Wur­zelenden hängen senkrecht aus dem waagrecht lie­genden Bodenziegel, so dass beim späteren Drehen des Fotos mit der Oberseite nach oben diese Wurzeln fälschlicherweise als «querwachsend» erscheinen. Auf dem Flachspaten liegenden Bodenziegels auf den beiden Stützen ermöglicht zwar eine recht bequeme Beurteilung des Bodens, aber die dabei erstellten Fotos erzeugen oft «unnatürliche» Bilder – Lose Wurzelenden hängen senkrecht aus dem waagrecht liegenden Bodenziegel, so dass beim späteren Drehen des Fotos mit der Oberseite nach oben diese Wurzeln fälschlicherweise als «querwachsend» erscheinen.

Eine vereinfachte Entnahmetechnik kann hier Abhilfe schaffen: Bei den meisten Bodenzuständen funktioniert es, einen normalen Spaten in den Boden zu stechen und durch «nach-hinten-Drücken» des Spatenstiels den Boden aufzubrechen, so dass ein Bodenprofil/Bodenziegel direkt auf dem Spaten liegt.

Wenn das nicht gelingt, weil der Boden zu fest ist oder der Spatenstiel beim Zurückdrücken brechen würde, muss man vorher ein spatentiefes Loch graben und an einer Seite in den Ecken zwei Schlitze in Richtung festen Boden stechen. Zwischen diesen Schlitzen kann man dann einen Bodenziegel abstechen und durch nach hinten Drücken des Spatenstiels dann das Bodenprofil/den Bodenziegel aus dem Boden hebeln.

Ein einfacher Hocker aus Holz dient dann dazu, die Spatenprobe so abzulegen, dass eine bequeme Bonitur vorgenommen werden kann. Gleichzeitig bleibt die Bodenoberfläche «oben» und es wird beim Fotografieren die natürliche Lagerung der Wurzeln abgebildet.

Hier die Vorlage zur Beurteilung des Bodenzustands mit Gefügebonitur und Krümeltiefe:

Die Zahlenwerte aus Gefügebonitur (Punkte bzw. Prozent) und Krümeltiefe (Zentimeter) ermöglichen auch eine grafische und bei genügend grosser Datenmenge auch statistische Auswertung bzw. Dokumentation.

Die Boniturwerte, das Foto und ggf. Auch vorhandene Labor-Untersuchungswerte können dann für die Dokumentation und Auswertung der Bodenbeurteilung zusammengeführt werden.

Im Protokoll der Spatendiagnose ergänzen auch weitere Beobachtungen wie Feinwurzelbesatz, Feuchteverteilung, Verrottungsgrad organischer Substanz u.ä. die Dokumentation des Bodenzustands.

Literatur

GÖRBING, J. (1947): Die Grundlagen der Gare im praktischen Ackerbau. Landbuch-Verlag, Hannover.
UNDRITZ, R.-D. (1951): Kritische Beurteilung der verschiedenen «Strukturstufen» bei der Spatendiagnose nach Görbing. Inaugural-Dissertation, Stuttgart-Hohenheim.
JUNG, G. (1988): Die Spatendiagnose nach Görbing, Johannes. Ihre Aussagekraft im Vergleich mit bodenphysikalischen Untersuchungen. Diplomarbeit Fachhochschule Weihenstephan, Abt. Schönbrunn.
KELLER, L. (1990): Methoden für die Beurteilung umweltschonender Bewirtschaftungstechniken in der Landwirtschaft. Nationales Forschungsprogramm Nutzung des Bodens in der Schweiz, 61, Liebefeld-Bern.
DIEZ, TH. (1991): Beurteilung des Bodengefüges im Feld. Möglichkeiten, Grenzen und ackerbauliche Folgerungen. In: Bodennutzung und Bodenfruchtbarkeit, SS. 96-103, Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin.
PREUSCHEN, G. (1994): Anleitung zur Spatendiagnose. SÖL-Sonderausgabe Nr. 2, Stiftung Ökologie & Landbau, Bad Dürkheim HAMPL, U. (1995): Beratung zur Umstellung auf ökologische Bodenbewirtschaftung. Erar-beitung von Beratungskonzept- Vorschlägen durch Erprobung der Einführung einer Neue-rung zur Bodenentwicklung in Betrieben des ökologischen Landbaus. Dissertation Univ. Hohenheim, Kovac, Hamburg
BESTE, A. (2003): Erweiterte Spatendiagnose. Weiterentwicklung einer Feldmethode zur Bodenbeurteilung. Dr. Köster, Berlin

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